Eine indische Hochzeit

Nein, nicht ich heirate, keine Sorge! 😉 Ein Bekannter aus Österreich wurde auf eine indische Hochzeit eingeladen und ich durfte ihn begleiten. Nach der Festlichkeit Diwali zog ich also zum nächsten indisch, traditionellen Prozess weiter.

Eine Zugfahrt in Indien – alles andere als entspannt

Was dich in diesem Artikel erwartet

So gelang ich mit der schlimmsten Zugfahrt meines Lebens in die Stadt Surat. So nahe war ich den Indern noch nie. Der erste Blick in den Zug versetzte mir einen Schreck: Der Zug war so voll, dass ich keinen Platz zum stehen hatte und das bei einer Fahrtzeit von 20 Stunden!!! Ich fand einen Platz am Boden auf einem Koffer. Nach einigen Stunden Fahrt, die mich all meine Nerven kosteten, forderte mich ein Mann auf, mich auf die Liegefläche neben seiner Frau unter die Decke zu legen. Ich nahm das Angebot etwas verunsichert an und legte mich durch den geringen Platz, Po an Po zu ihr. So überstand ich halbwegs gut die 20-stündige Zugfahrt.

Es fanden 2 Hochzeiten mit 2 Tagen Abstand dazwischen statt. Die erste Hochzeit dauerte 2 Tage und die zweite 3 Tage. Zwei arrangierte Hochzeiten, wie es hier in Indien üblich ist. Ich möchte nicht zu sehr ins Detail gehen, da dies eine nicht endend wollende Geschichte wäre. Im Prinzip ist eine indische Hochzeit ein Aufeinanderfolge von Prozessen. Es wird gebetet während bestimmte Abläufe vollzogen werden. Gleichzeitig zur Hochzeit fanden die Prozesse der Einweihung der neuen Räumlichkeiten für das Brautpaar statt. Am eigentlichen Hochzeitstag gehen alle Gäste gemeinsam von dem Haus des Bräutigams, zum Haus der Braut um sie von dort abzuholen. Auf dem Weg dorthin, sitzt der Bräutigam auf einer Kutsche und wird von 2 weißen Pferden gezogen. Beim Haus der Zukünftigen angekommen, findet eine zweistündige Zeremonie statt, die den Prozesse zuvor ähnelt.

Meine persönlichen Erfahrungen auf einer indischen Hochzeit

In dieser Zeit, machte ich eine Erfahrung, die mich sehr runterzog. Von Anfang an unseres Besuches bei den Festlichkeiten war klar, dass ich mich als gute Freundin von meinem österreichischen Freund vorstellte. Soweit so gut. Was die nächsten Tage geschah und ich beobachtete, belastete mich sehr. Ich war als Frau nicht sichtbar. Männer kamen, stellten sich vor, schüttelten meinem Bekannten die Hand, begrüßten ihn herzlich und freundlich und fingen mit ihm ein Gespräch an. Ich stand jedes Mal daneben und wurde keines einzigen Blickes gewürdigt, so als ob ich Luft wäre. Zuerst sah ich es gelassen, aber als dies ohne Ausnahme passierte, war mir oft zum Weinen zumute. Ich hätte oft losweinen können, weil ich Gast hier bin und trotzdem keiner Beachtung gewürdigt werde. Ich hätte am liebsten geschrieen: „Ich bin aus Europa, eine eigenständige Frau und bei uns gibt es so etwas wie Unterdrückung nicht!“ Im Gegensatz dazu, wurde ich von einer gewissen Distanz, bei allem beobachtet und angestarrt, was ich tat. Egal ob ich ging, stand, saß, einen Schluck Wasser trank, aß oder aufs Klo ging. Alle Blicken folgten mir, ich wurde fotografiert und angestarrt und bekam das Gefühl nicht los, ein Affe im Zoo zu sein.

Desto mehr Zeit ich mit den Indern verbrachte, desto schlimmer wurde es. Ich kannte bereits viele deren Eigenheiten und ich war erschöpft. Du liest etwas und kannst dir sicher sein, dass mindestens drei Leute hinter dir stehen und dir über die Schulter schauen, obwohl sie die geschrieben Sprache nicht verstehen. Du sitzt vorm Internet und mit Sicherheit, setzt sich jemand neben dich und starrt auf den Bildschirm. Das ist die indische Art. Es wird nicht gefragt, sondern einfach genommen, es wird sich nicht bedankt, sondern einfach getan. Respekt ist hier ein Fremdwort oder wird einfach anders gehandhabt.

Viele Widersprüche

Zurück zur Hochzeit. Ewig lange Prozesse die im Hause des jeweiligen Brautpartners getrennt voneinander gefeiert werden. Gebete, Prozesse, Getanze. Immer wieder die selben Abläufe und oft stecken Widersprüche dahinter. Ein Priester ist die ganze Zeit im Haus und vollzieht die Zeremonien. Es wird gebetet und währenddessen tratschen einige, sitzen herum, langweilen sich, telefonieren. Der Priester telefonierte sogar einmal selbst während des Betens. Einerseits machen die Inder sich für unsere Sichtweise unvorstellbar viel Aufwand für diese Festlichkeiten und dann sind sie aber gelangweilt und nicht bei der Sache. Wie soll ich da als Außenstehende dies respektieren, wenn die Gläubigen dem selbst nicht genug Respekt gegenüber bringen. Einiges verstehe ich und respektiere ich, bei vielem wiederum habe ich das Gefühl, dass es einfach gemacht wird weil es zur Kultur und Religion gehört, hingenommen und nicht hinterfragt wird.

Ich hatte bei der ersten Hochzeit nicht das Gefühl, dass das Brautpaar im Mittelpunkt stand. Was im Mittelpunkt stand, kann ich nicht genau sagen. Das Schockierendste für mich war, dass das Brautpaar während der ganzen Zeremonie alles andere als glücklich ausschaute. Die Braut brach fast zusammen, als sie sich von ihrer Familie verabschiedete. Sie wird von einem auf den anderen Tag aus ihrer Familie, ihrem Elternhaus und ihrem vertrauten Umfeld heraus gerissen und muss ab dem Zeitpunkt der Hochzeit, Hausfrau und ihrem Mann untergeben sein. Nach einer Aussage eines Verwandten des Brautpaares: „Jeder Mensch hat seine eigenen Lebenslinien, ab dem Zeitpunkt der Heirat, lebt die Frau die Lebenslinie des Mannes.“ Dazu muss ich nicht mehr viel erklären.

Als Außenstehende habe ich keine Hemmungen, alles zu hinterfragen was ich nicht verstehe. Ich bin mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem ich der Meinung bin, dass man sich zwar anpassen sollte, in mancher Hinsicht man den Menschen auch zeigen muss, wie unsere Kultur funktioniert. Ja du kannst als Mann und Frau gemeinsam reisen und befreundet sein und du kannst dir selbst den Ehepartner aussuchen. Hier herrscht bei jeder Festlichkeit eine absolute Geschlechtertrennung. Sobald wir einen Raum betreten, setzen sich die Männer zusammen und die Frauen. Alles separiert sich sofort und ohne Ausnahme.

Die zweite indische Hochzeit

Der eigentliche Grund unseres Kommens war die zweite Hochzeit. Diese war nicht so pombös, dauerte 3 nicht 2 Tage und all die Abläufe waren die selben. Diese Hochzeit gefiel mir um einiges besser, nicht so protzig und familiärer. Diesmal ließ ich mich von den Männern nicht separieren und blieb dort, wo es mir gefiel. Ich lies alles mit mir machen, zog an was man mir gab, lies mich beschmücken wie einen Weihnachtsbaum und Tanze deren indische Tänze mit. Als Special für die Hochzeit wünschte sich der Bräutigam, dass wir eine Tanzeinlage vorführen sollten. Somit zeigten wir den Indern unseren Wiener Walzer und einen Boogie. Als wir die Gäste aufforderten bei der Polka und dem Tanz Macarena mitzumachen, wurde dies abgelehnt. Wir strichen die beiden Tänze von der Liste, da dies von den Familienältesten nicht akzeptiert wurde.

Es war soweit, den Spieß mal umzudrehen und anstatt mich nach deren Kultur zu richten, ihnen zu zeigen wie es bei uns ist. Bei der Hochzeit am Buffet war je eine Person bei einer Speise und gab uns etwas auf den Teller. Ein „Dankeschön“ bei jeder Person und ein Lächeln, brachte bei der Hochzeitsgesellschaft einen überraschten Blick hervor. Als ich dann noch ein Foto mit dem Küchenpersonal wollte und höflich nachfragte, ob es okay für sie wäre, wurden die Augen nur noch größer. Wenn die Menschen mich fotografieren, werde ich nicht gefragt, sondern einfach fotografiert oder sie stellen mich hin wie es ihnen passt und knipsen drauf los. Mittlerweile drehe ich mich absichtlich weg und halte die Hand vor mein Gesicht. Ich komme in das Land, akzeptiere und respektiere deren Kultur und Verhaltensweisen, aber mittlerweile bin ich auch der Meinung man muss den Menschen offen zeigen, wie es bei uns so ist. Ich werfe keinen Müll auf die Straße oder aus dem Fenster des Zuges und zeige den Leuten, dass man seinen Müll in einer leeren Plastikflasche im Zug zusammen sammeln kann und im nächsten Mistkübel entsorgt. Man sagt danke und bitte und fragt nach, wenn man etwas möchte und nimmt es sich nicht einfach.

Indien macht zur Zeit eine ganz ganz starke Entwicklung durch und man merkt an der neuen Generation das sich sehr vieles ändern wird und sich die Menschen Europa anpassen wollen. Das gute an dem Land ist, dass die Menschen schnell dazu lernen. Du merkst es sofort, wenn ein Einheimischer schön öfters mit Ausländern gesprochen hat.

Es ist nicht so, dass ich erst seit kurzem übersättigt bin von den Verhaltensweisen der Menschen hier. Wenn du viel mit Einheimischen zusammen bist, bekommst du alles viel intensiver mit. Ich habe keine Lust mehr auf Indien und die Menschen hier. Ich werde mir noch einen heiß ersehnten Wunsch erfüllen und dann weiterziehen, wohin es mich auch immer verschlagen wird . . .

1 Comment
  • walter rabitsch
    Posted at 11:43h, 02 Januar Antworten

    Prosit 2013 und viel Erfolg für Deine weiteren Reisen viel Glück Christina servus Walter

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